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  Zitate | Maria Farantouri | Henning Schmiedt | Volker Schlott | Jens Naumilkat

Maria Májissa! - Zauberin Maria (Download Artikel)  

Ich sollte aufhören, mich zu wundern.

Vor allem sollte ich nach 30 Jahren „Fanschaft” aufhören, mich über Maria Farantouri zu wundern.

Und trotzdem ….

29.6. 2007. 20 Uhr, der Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie füllt sich. Das Publikum spricht Deutsch, Griechisch, Französisch, und in zwei Fällen auch Luxemburgisch.

Anders als angekündigt fängt das Programm mit einem Auszug aus „Marsch des Geistes“ an. Maria hat überhaupt einige Überraschungen für uns vorgesehen, und so folgt zum Beispiel „Das Blut der Liebe” als zweite Darbietung. Neben ausgesuchten Klassikern stellt sie ebenfalls einige Lieder ihrer neuen CD „Odyssee” vor, Lieder, die Mikis Theodorakis dann doch noch für sie komponiert hat, obwohl er gar keine Lieder mehr schreiben wollte.

Das letzte Mal hatte ich Maria „live” vor zwei Jahren erlebt. Vielleicht hat diese einzigartig bewegende Stimme etwas an Kraft verloren, vielleicht kostet ein Auftritt Maria ein bisschen mehr Anstrengung als früher …..aber als am Ende des ersten Teils meinem Nachbarn bei der steigenden Verzweiflung in „Alte Straßen” die Tränen über die Wangen rollten, da wusste ich, ich hatte mich kurzzeitig irreführen lassen und es bestand nicht der geringste Grund zur Besorgnis.

Und so war es auch.

Nach der Pause sang Maria für Kreta ( „Wie schön ist Kreta” und „Es war keine Insel”, beide von M. Hatzidakis) aber auch „Persephones böser Traum”, das eindringliche, immer wieder zutiefst erschütternde „Lied der Lieder”, das dann auch, wie so oft, spontane Bravo-Rufe des Publikums provozierte.

Im Laufe der zweiten Hälfte gönnte die Künstlerin sich eine Pause, während der Iannis Zotos (dessen Bruder Thanassis die backing vocals für Maria Farantouri singt) Lieder aus seiner neuen CD „Wenn Du nicht weinen kannst” vorstellte, welche mit ehrlicher Freude und Anerkennung vom Publikum belohnt wurden.

Das Publikum ließ sich bereits sehr mitreißen und diese Begeisterung wurde jetzt noch gesteigert, als Maria zu den „traditionals” kam – zum größten Vergnügen der anwesenden Landsmänner, die natürlich mitsingen, -summen oder -klatschen konnten. Die Sängerin schien das Konzert genau so zu genießen wie das Publikum, die Atmosphäre war warm und irgendwie magisch, und es war gar keine Frage, ob der Funke zwischen Bühne und Publikum übersprang – es gab ein richtiges Feuerwerk geboren aus gegenseitiger Zuneigung, Anerkennung und schierer Freude an der unbegrenzten Großzügigkeit der Sängerin, die sich sicher in der zweiten Hälfte des Konzerts fast selber übertraf und deren Stimme die bekannte Kraft und aufwühlende Eindringlichkeit wiederfand.

Dem Charme ihrer starken, kompromisslos ehrlichen Persönlichkeit waren wir alle seit langem erlegen und genossen unverschämt hemmungslos, was die Sängerin an diesem Abend bot. Ina Kutulas hatte „Margarita Majopoula” übersetzt und Maria sang eine Strophe auf Deutsch. Es hielt längst nicht mehr jeden in seinem Sitz und je weiter das Konzert voranschritt, desto ungezwungener und wärmer wurde die Atmosphäre.

Aber dann versuchte Maria, vielleicht mit einem Augenzwinkern, das Ende des Konzerts vorzubereiten und das Publikum mit „Der Schlaf umarmte dich” vielleicht wieder etwas zu beruhigen.

Es kam der Moment, in dem die Künstlerin ihren Abgang fingierte …. Aber der Versuch war selbstverständlich von vorne herein zum kläglichen Scheitern verurteilt. Sie hatte uns bis zum letzten Mann/Frau verzaubert, in ihren Bann gezogen – jetzt musste sie die Konsequenzen tragen. Das Publikum tobte, klatschte, rief und pfiff und mit ihrem wunderschönen Lächeln ergab sich Maria Farantouri widerstandlos ihrem Schicksal – und sang.

Auch mit den Zugaben war sie großzügig, es schien, als wolle sie selber gar nicht so richtig aufhören. Der Höhepunkt der Zugaben und zugleich endgültig letztes Stück war „Wegen Verweigerung des Gehorsams” . Mit seiner trügerisch fröhlichen Melodie ist es eines jener Lieder, die, so Ariel Parker, „shock by telling of night horrors in the bright rythms and colours of day“*– und davon hat Mikis Theodorakis ja einige geschrieben.

Uns war eine Sternstunde versprochen worden – und es wurde galaktisch!

Mylène Rizzi im Juni 2007